Osterinseln

Jeder kennt die unglaublichen Statuen der Osterinsen. Sie sind Kulturgut. Aber Gut welcher Kultur eigentlich? Wie man heute weiß: einer Kultur des Größenwahns und politischer Blindheit, ein letales Beispiel mangelnder Nachhaltigkeit (2014)

Die Osterinsel ist die einsamste Insel auf diesem Planeten. Sie liegt alleine mitten im Pazifik und ist jedem durch ihre außergewöhnlichen Steinstatuen, die maoi genannt werden, bekannt. Alleine in dem großen Steinbruch im Norden der Insel hat man über 400 halbfertige maois entdeckt, meist 4 m hoch und 10 Tonnen schwer. Die größte misst 21 m Höhe und wiegt 270 Tonnen. Die Küste der Insel ist gesäumt von solchen Statuen. Es hat eine richtige Massenproduktion dieser Skulpturen gegeben. Aber wozu? Und wie war das überhaupt möglich gewesen, wo doch die Insel kahl und unfruchtbar ist?

Diese Fragen stellte sich schon der erste „Entdecker“ der Insel, der niederländische Seefahrer Jacob Roggeveen, der am Ostersonntag des Jahres 1722 (daher „Osterinsel“) die Insel ausmachte. Er fand ein wenig fruchtbares Eiland mit Buschbestand und einige undichte Kanus. Nichts womit man massive Kräne für die Steinmetzarbeiten oder hochseetaugliche Schiffe hätte fertigen können. Es gab auch keinen Hinweis auf solche Vorrichtungen. Nicht einmal genug Landwirtschaft schien hier möglich, um die Menschen zu versorgen, die offensichtlich einmal unglaublich emsig im großen Steinbruch gearbeitet hatten, der völlig verwaist war.

Erich von Däniken wusste es natürlich: die Außerirdischen. Die Antwort ist aber banaler und schrecklicher. Heutige Forschungen belegen, dass die Insel enorm fruchtbar gewesen sein muss und Bestand an massiven Palmenwäldern hatte. In Vulkanasche sind Unmengen von Palmsamen gefunden worden. Die Besiedelung der Insel ist um das Jahr 900 n.C. vom Westen her (Polynesien) passiert. Es haben sich Clans gebildet, die ihre Territorien bezogen haben. Und sie haben als Zeichen ihrer Würde Steinstatuen gefertigt und aufgestellt. Die maois sind über die Jahrhunderte hinweg zu Insignien von Macht und Ansehen geworden und es hat, anfangs schleichend, dann immer vehementer, ein aberwitziges „Wettrüsten“ um die prachtvollsten Statuen stattgefunden. Die stehen wohl an der Küste, schauen aber in das Land hinein auf das Gebiet des jeweiligen Clans. Die Palmwälder wurden abgeholzt, um Gerüste, Kräne und Transportrollen für die Steinmassen zu fertigen. Als kein Material für Hochseeschiffe mehr da war, begann man landwirtschaftlichen Raubbau zu betreiben und vernichtete nach und nach fruchtbaren Boden. Radiokarbonmessungen zeigen, dass die Vernichtung der Palmwälder um 1500 abgeschlossen war. Die Bewohner hatten 600 Jahre gebraucht, um ihre Lebensgrundlagen zu vernichten. Die Gründe waren machtpolitischer Wahn, Ehrgeiz, Eitelkeit und die Unfähigkeit rechtzeitig zu sehen, was man tat. Die Insel erlebte eine kurze Kriegsphase und Kannibalismus. Die letzte Würde wurde verspielt. Dann war Stille.

Jared Diamond stellt in seinem Buch „Kollaps“ die Frage: Was dachte der Bewohner, der gerade dabei war, die letzte Palme zu fällen? Vielleicht: „Wir brauchen Arbeitsplätze!“, oder „Die Technik wird unsere Probleme schon lösen; wir werden einen Ersatz für Holz finden.“ Oder „Wir haben keinen Beweis, dass es nicht doch noch geheime Reserven an Palmen gibt. Wir brauchen mehr Forschung! Der Vorschlag, das Abholzen zu verbieten, ist reine Angstmacherei!“ Wenn die Leute wenigstens eine Reserve-Insel in Reichweite gehabt hätten. Aber die Insel war so einsam wie der Planet Erde im Universum.