Giordano Bruno (neu übersetzt von Harald Koisser und Eugen Maria Schulak)
Oh, welch ein Zustand, Natur oder Schicksal:
Lebender Tod, totes Leben – was lebe ich?
Ach, Amor hält mich im Tode noch am Leben,
dass ich des Lebens beraubt bin und des Todes zugleich.
Beraubt jeder Hoffnung zieht es mich hin zu den Pforten
zu den Pforten der Hölle, und doch,
getragen von Sehnsucht – auch – in den Himmel.
So bin ich dem Widerstreit unterworfen ewiglich,
Himmel und Hölle lassen mich beide nicht ein.
Keine Linderung kennt so mein Leiden
inmitten zweier malmender Räder,
wo eines mich hierhin, eines mich dorthin reißt,
muss ich fliehen vor mir selbst – und doch auch mir folgen.
Dem gespaltenen Wollen und Kreisen
Gibt widersprüchlicher Befehl die Sporen.
Wenn der Falter zum strahlenden Lichte fliegt,
weiß er nichts vom Zischen der Flamme
Wenn der Hirsch im großen Durst zum Fluss sich begibt
weiß er nichts von dem lauernden Pfeil.
Wenn das Einhorn den Schutz der Höhle schon sieht
Weiß es nichts von der Schlinge im Laub.
Ich seh im Licht, in der Quelle, im sicheren Schoß
Stets die Flammen, die Pfeile und Schlingen.
Süß ist oft mein Schmachten, weil jene Flamme
So traulich und friedvoll mich wärmt,
und süß sind die Wunden, die der Bogen bereitet,
süß auch die Schlingen des Sehnens.
Dann mögen gern ewig lästig sein
Flammen dem Herzen, Pfeile der Brust und Schlingen der Seele.
In einem so schönen Feuer und einer so holden Schlinge
Verbrennt mich die Schönheit und verstrickt mich die Anmut.
So will ich denn Flamme und Knechtschaft genießen,
vor der Freiheit fliehen und das Eis will ich fürchten.
Es ist ein Brand von solcher Art,
dass ich brenne, doch nicht verbrenne.
Es ist ein Knoten solcher Art, dass die Welt ihn mir preist
Weder kühlt mich die Furcht, noch befreit mich der Schmerz,
sondern ruhig ist das Brennen, warm die Verstrickung.
Ich fühl wohl das Licht, das mich entzündet,
Auch die Schlinge, die feiner Garn hat geknüpft.
Die Sehnsucht stirbt stets, sobald ich denke.
Wo doch meinem Herzen eine solche Flamme leuchtet
Und solch ein Band mein Wollen fesselt,
sei denn ein Sklave, oh Schatten, und brenne, oh du meine Asche.